Von Scheintransaktionen bis zur Durchdringung von Wall Street und dem Weißen Haus – welches Machtspiel spielt Tether?
Autorin: Chloe, ChainCatcher
Kürzlich gab die Tether-Holdingtochter Northern Data bekannt, dass sie ihre Bitcoin-Mining-Sparte Peak Mining für 200 Millionen US-Dollar verkauft hat. Dieser Deal spiegelt nicht nur die komplexen Beziehungen innerhalb der Machtstruktur von Tether wider, sondern löste auch starke Zweifel am Markt hinsichtlich verbundener Transaktionen von Tether aus.
Tether Vermögensübertragungen sind äußerst komplex, typische „linke Tasche, rechte Tasche“-Strategie
Laut Unternehmensregisterdokumenten der Britischen Jungferninseln, der USA und Kanadas sind die drei Unternehmen, die Peak Mining übernommen haben, Highland Group Mining, Appalachian Energy und 2750418 Alberta ULC. Die tatsächlichen Kontrolleure dahinter sind die Tether-Mitbegründer Giancarlo Devasini und CEO Paolo Ardoino. Auf der Direktorenliste der Highland Group stehen beide Namen, Alberta wird von Devasini allein als Direktor geführt, während die Kontrolle von Appalachian Energy nicht offengelegt wurde.
Da Tether selbst etwa 54 % der Anteile an Northern Data hält und zwischen beiden Parteien Finanzierungen in Höhe von 610 Millionen Euro bestehen, sind die finanziellen Verflechtungen äußerst eng. Vor diesem Hintergrund stellt der Verkauf bedeutender Vermögenswerte an von Tether-Führungskräften kontrollierte Unternehmen de facto eine verbundene Transaktion dar.
Northern Data ist derzeit an einem in Deutschland weniger streng regulierten Sekundärmarkt gelistet, dessen Offenlegungspflichten weit unter denen des Primärmarktes liegen. Daher muss das Unternehmen beim Verkauf weder die Identität des Käufers offenlegen noch die Transaktion als verbundene Transaktion kennzeichnen. Die wahre Identität der Erwerber wurde erst einige Wochen nach Abschluss der Transaktion durch Unternehmensdokumente aus den Britischen Jungferninseln, den USA und Kanada allmählich klar.
Auch der Zeitpunkt der Transaktion ist umstritten. Der Verkauf von Peak Mining erfolgte nur wenige Tage bevor die Videoplattform Rumble die Übernahme von Northern Data für 760 Millionen US-Dollar ankündigte – und Tether hält zufällig fast 48 % der Anteile an Rumble.
Dieser Schritt wird als bewusste Ausgliederung der volatilen Mining-Sparte durch Tether kurz vor der Übernahme gesehen, damit Northern Data als reiner KI-Cloud-Computing-Anbieter in Rumble integriert werden kann, um eine höhere Marktbewertung zu erzielen und das Übernahmerisiko zu senken.
Im Rahmen dieser komplexen Vermögensübertragungen wurde der zuvor von Tether an Northern Data gewährte Kredit in Höhe von 610 Millionen Euro zum zentralen Steuerungsinstrument. Im Rahmen der Rumble-Übernahme wird dieser Kredit neu strukturiert: Die Hälfte wird von Rumble in Form von Aktien an Tether zurückgezahlt, die andere Hälfte wird in einen neuen Kredit an Rumble umgewandelt, der durch Vermögenswerte von Northern Data besichert ist.
Durch diese verschachtelte Finanzstruktur entsteht zwischen Holdinggesellschaft, Übernahmeziel und von Führungskräften kontrollierten Unternehmen ein interner Kreislauf von Kapitalströmen, der es den Tether-Führungskräften ermöglicht, Mining-Vermögenswerte in Privatbesitz zu überführen und gleichzeitig die Kontrolle über die Gesamtstruktur weiter zu festigen.
Tether pflegt ein sensibles Verhältnis zu Wall Street und US-Kabinett
Neben den internen Vermögensverschiebungen ist auch die Beziehung zwischen Tether und der Wall-Street-Investmentbank Cantor Fitzgerald komplex. Besonders nachdem Cantor-CEO Howard Lutnick für das Amt des US-Handelsministers nominiert und bestätigt wurde, stehen Markt und Justiz diesem Thema besonders kritisch gegenüber. Die Allianz zwischen Tether und Howard Lutnick reicht bis ins Jahr 2021 zurück, als Tether zur Beruhigung der Marktbedenken bezüglich der Transparenz seiner Reserven Dutzende Milliarden US-Dollar an US-Staatsanleihen von Cantor verwalten ließ und Howard Lutnick als wichtigsten Vertrauensgaranten Tethers im traditionellen Finanzsystem auftrat.
Laut einem Bericht des Wall Street Journal vom November letzten Jahres war Lutnick persönlich an den Verhandlungen über ein Investitionsabkommen beteiligt, das Cantor ursprünglich etwa 5 % der Tether-Anteile im Wert von bis zu 600 Millionen US-Dollar sichern sollte. Diese Transaktion löste heftige Kritik der US-Senatorin Elizabeth Warren aus, die erklärte, Tether werde seit Langem als Instrument für Finanzkriminalität angesehen, und dass der Leiter des wichtigsten Vermögensverwalters nun das Handelsministerium führen solle, stelle ein erhebliches Interessenkonfliktrisiko dar.
Angesichts der massiven Kritik stellte Lutnick in einer Anhörung klar, dass Cantors endgültige Investitionsform eine „wandelbare Anleihe“ und keine direkte Beteiligung sei und behauptete, derzeit keine direkten Anteile zu halten. In Finanzkreisen gilt jedoch, dass solche wandelbaren Anleihen Cantor das Recht einräumen, die Anleihe künftig in Eigenkapital umzuwandeln – im Kern also eine aufgeschobene Eigentumsbeteiligung, die es dem Inhaber sogar ermöglicht, bei Bedarf die Kontrolle auszuüben.
Auch wenn Lutnick in der Anhörung erklärte, dass Emittenten nicht für die Nutzung ihrer Produkte durch Kriminelle verantwortlich gemacht werden sollten, versprach er, nach Übernahme des Handelsministeramts von Stablecoin-Emittenten unabhängigere Audits zu verlangen und diese unter die Aufsicht der US-Strafverfolgungsbehörden zu stellen. Es lässt sich sagen, dass nach Lutnicks Amtsantritt als Handelsminister die Beziehungen zwischen Tether, Wall Street und US-Kabinett noch undurchsichtiger werden.
Tether erzielt dieses Jahr 15 Milliarden US-Dollar Gewinn, Gewinnmarge liegt bei 99 %
Das Geschäftsfeld von Tether geht längst weit über die Rolle eines Stablecoin-Emittenten hinaus. Von Krypto-Zahlungen, digitalen Vermögensdarlehen und Mining-Investitionen über KI-Roboter, Gehirn-Computer-Schnittstellen bis hin zu Medienplattformen und sogar dem jüngsten Versuch, den italienischen Fußballclub Juventus zu übernehmen.
Nate Geraci, Präsident von The ETF Store, sagte: „Während US-Politiker darüber streiten, ob Stablecoins Zinsen zahlen dürfen, sei daran erinnert: Tether wird dieses Jahr 15 Milliarden US-Dollar Gewinn erzielen, mit einer Gewinnmarge von 99 %.“
Ob das durch diese extrem hohe Gewinne akkumulierte Kapital tatsächlich Wert für die Kryptoindustrie schafft oder lediglich ein geschlossenes Vermögenskreislaufsystem für die Führungsebene bildet, bleibt fraglich.
Durch die Ausgliederung von Northern Data, die Übernahme durch Rumble und die Beziehungen zur Wall Street scheint Tether ein geschlossenes und mächtiges Ökosystem geschaffen zu haben, das es der Führung ermöglicht, zentrale Vermögenswerte zu privatisieren und gleichzeitig durch die Integration von traditionellen Finanzgiganten und hochrangigen US-Kabinettsmitgliedern das eigene Imperium ins Machtzentrum der USA zu führen.
Jede scheinbar unabhängige Geschäftsentscheidung von Tether ist in Wirklichkeit eng mit derselben Machtstruktur verflochten.
Haftungsausschluss: Der Inhalt dieses Artikels gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder und repräsentiert nicht die Plattform in irgendeiner Form. Dieser Artikel ist nicht dazu gedacht, als Referenz für Investitionsentscheidungen zu dienen.
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