MiCA-Regulierung wird in der EU schlecht umgesetzt, ESMA bereit, die Kontrolle zurückzugewinnen
Auf dem Alten Kontinent ist Regulierung ebenso eine Leidenschaft wie ein bürokratischer Reflex. Hier wird nicht nur überwacht: Es wird eingerahmt, abgegrenzt, abgeriegelt. Und manchmal tragen diese Riegel Namen wie MiCA oder ESMA. Hinter diesen Abkürzungen verbergen sich immer strengere Regeln für Krypto, die schützen sollen, ohne zu ersticken. Doch wenn die Anwendung von Land zu Land variiert, bricht der gesamte Anspruch der EU auseinander.
Kurz gefasst
- MiCA ist in Kraft getreten, aber die Anwendung variiert stark zwischen den europäischen Ländern.
- Deutschland vergibt Krypto-Lizenzen, während Luxemburg in dieser Hinsicht sehr restriktiv bleibt.
- ESMA kritisiert Malta und möchte die Praktiken vereinheitlichen, um anhaltende regulatorische Schlupflöcher zu vermeiden.
- Lokale Regulierungsbehörden müssen zu Technikern werden, da Europa auf eine stärkere Zentralisierung zusteuert.
MiCA: Wenn europäischer Ehrgeiz auf die Realität der Mitgliedstaaten trifft
Seit Januar 2025 ist die MiCA-Regulierung (Markets in Crypto-Assets) offiziell in Kraft. Sie versprach eine Harmonisierung der Regeln für alle Akteure des Kryptosektors innerhalb der EU. Doch die auf dem Papier gezeigte Einheit zerbröckelt in der Praxis.
Deutschland hat beispielsweise bereits über 30 Krypto-Lizenzen vergeben, oft an traditionelle Banken. Luxemburg hingegen hat nur drei genehmigt, ausschließlich für etablierte Schwergewichte. Diese Diskrepanz birgt das Risiko des regulatorischen Arbitrage: Einige Akteure wählen die nachsichtigsten Rechtsräume und verzerren so den Wettbewerb.
Lewin Boehnke, Chief Strategy Officer bei Crypto Finance Group, fand deutliche Worte:
Es gibt eine sehr, sehr ungleichmäßige Anwendung der Regulierung.
ESMA (European Securities and Markets Authority) sorgte kürzlich für Aufsehen, indem sie die MFSA von Malta ins Visier nahm: Laut einem offiziellen Bericht erfüllte die maltesische Aufsichtsbehörde die Erwartungen bei der Vergabe von Krypto-Lizenzen nur teilweise.
ESMA will aus dem Schatten ins Rampenlicht der Krypto-Aufsicht treten
Was einst eine technische Debatte war, wird zur politischen Frage. Soll jedes Land seine Rolle spielen oder soll der Taktstock an einen einzigen Dirigenten übergeben werden? Für mehrere Mitgliedstaaten scheint die Entscheidung gefallen.
Frankreich, Italien und Österreich unterstützen eine Stärkung der Rolle von ESMA. Die Idee ist nicht, lokalen Regulierungsbehörden die Macht zu entziehen, sondern Effizienz zu beschleunigen und Praktiken zu vereinheitlichen.
Auch laut Boehnke:
Aus rein praktischer Sicht halte ich es für eine gute Idee, eine einheitliche Anwendung der Regulierung zu haben.
Doch Grauzonen bleiben bestehen. MiCA verlangt beispielsweise die „sofortige“ Rückgabe von Vermögenswerten, die von Verwahrstellen gehalten werden. Problem: Niemand weiß, was „sofortig“ in der Krypto-Welt bedeutet. Das bremst die Akzeptanz, insbesondere bei Banken. Eine einheitliche Auslegung dieser sensiblen Punkte wird daher entscheidend.
Krypto und Regulierung in Europa: Die Zukunft entscheidet sich in Brüssel
Laut einem Meinungsbeitrag von GlobalCapital müssen sich nationale Regulierungsbehörden neu erfinden. Die Zukunft liege nicht mehr in der exklusiven Steuerung, sondern in der technischen Unterstützung einer zentralen Behörde.
Ein Modell existiert bereits: Die Europäische Zentralbank überwacht direkt die Großbanken und arbeitet dabei mit nationalen Regulierungsbehörden zusammen. Dieses hybride Modell könnte auch auf den Kryptomarkt angewendet werden.
Vor Ort wird der Aufstieg der ESMA nicht als Kompetenzkonflikt gesehen. Vielmehr wird er als Chance betrachtet, einen einheitlichen Standard zu schaffen, der mit der US SEC konkurrieren kann. Und mit dem Aufstieg von Blockchains wie Solana, Avalanche oder Cosmos wird eine klare Regulierung unerlässlich, um Investoren zu schützen und den Kryptomarkt glaubwürdig zu machen.
Krypto & EU: Wichtige Eckpunkte zum besseren Verständnis
- 2025: MiCA tritt in Kraft, mit Ausnahme von Stablecoins (verschoben auf 2026);
- Bereits über 30 Krypto-Lizenzen in Deutschland vergeben, nur 3 in Luxemburg;
- ESMA veröffentlichte im November 2025 einen kritischen Bericht über Malta;
- Frankreich, Italien, Österreich: erklärten ihre Unterstützung für zentrale Aufsicht;
- Große technische Debatte: Rechtliche Definition der „sofortigen Rückgabe“ in MiCA.
Mit ESMA an vorderster Front will Europa nicht länger der amerikanischen Agenda folgen. Es versucht, seine eigene Vision der Finanzregulierung im Web3-Zeitalter durchzusetzen. Und auf der globalen Krypto-Bühne will es die souveräne Alternative zum SEC-Modell werden.
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